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was kann made in india?

Eigentlich beachten wir ihn gar nicht und wenn dann nur, um ihn wegzuschneiden, weil er stört. Diesen kleinen eingenähten Zettel, auf dem steht “made in India” [oder wahlweise: Bangladesch, Myanmar, Cambodia, Vietnam]. Doch was bedeutet das eigentlich? Was heißt es, dass dieses Kleid, dieses Hemd, dieser Mantel in Indien gefertigt wurde?
“Made in India” wird oft als Synonym für schlechte Qualität, miserable Arbeitsbedingungen und Ausbeutung gesehen. Keine Frage: In Millionen Kleidungsstücken, die in Indien gefertigt werden, steckt genau das drin. Aber trotz all den negativen Schlagzeilen lohnt es sich zu fragen: Was kann “made in India” wirklich? Kleiner Spoiler: So einiges!

Garn spinnen und Stoff Weben für die Unabhängigkeit 

Spinnen und Weben spielte in der Geschichte Indiens und besonders in der Unabhängigkeitsbewegung des Landes eine ganz entscheidende Rolle. Mahatma Gandhi forderte die Inder zum passiven Widerstand gegen die Kolonialmacht der Briten auf und ermunterte sie dabei nicht länger westliche Kleidung zu tragen, sondern sie selbst zu machen, zu spinnen und zu weben. Das Spinnen von Baumwolle zu Garn war damals zusätzlich ein wichtiger Teil seiner persönlichen religiösen Meditation, dem er täglich – selbst während der Zeit großer politischer Krisen – nachging. Das Resultat des friedlichen Widerstands unter Gandhi war 1947 die Unabhängigkeit Indiens und dem Spinnen wurde in dieser Entwicklung so viel Bedeutung zugemessen, dass das Spinnrad seitdem auf der indischen Flagge zu sehen ist. Sowohl das Spinnen als auch die Weberei sind bis heute in Indien weit verbreitet und in vielen Familienbetrieben entstehen in fast meditativer Arbeit an großen Webstühlen wunderschöne Stoffe, aus denen auch unsere Produkte genäht werden.

Warum Webstoffe 

Um aus Garn Stoff zu machen, kann er nicht nur gewebt, sondern auch gestrickt werden. Was dabei herauskommt sind elastische Materialien wie Jersey, der Stoff aus dem üblicherweise T-Shirts bestehen. Der große Unterschied zwischen Strick- und Webstoffen besteht darin, dass Strickstoffe nur mithilfe von relativ teuren Maschinen hergestellt werden können. Daher werden sie auch ausschließlich von größeren Unternehmen angeboten. Auch für diese Art der Stoffherstellung gibt es in Indien, v.a. im Süden des Landes, eine riesige Industrie.
Diese Unternehmen haben sehr hohe Mindestbestellmengen, die wir als kleines Unternehmen nicht benötigen. Aber nicht nur deshalb, sondern allem voraus aufgrund der Wertschätzung für die aufwändige Handarbeit und unsere persönlichen Beziehungen mit den Webern, haben wir uns dafür entschieden, ausschließlich mit Webstoffen zu arbeiten.

Blockprint – die filigrane Stempelkunst 

Wenn man in Bagru, einem kleinen Vorort von Jaipur im Norden von Indien, durch die Wohnviertel läuft, sieht man fast auf jedem Flachdach riesige gemusterte Stoffbahnen hängen, die in der Sonne trocknen. Hier wohnen viele Familien der Chhippa (=Drucker), denen nachgesagt wird, schon immer fürs Färben und Bedrucken von Stoffen zuständig gewesen zu sein. Tatsächlich gehen fast alle Bewohner dieses Ortes der gleichen Beschäftigung nach und die großen Räume im Inneren der Häuser sind gefüllt mit langen Tischen und noch längeren Stoffbahnen. Die werden mit aufwendigen Färbetechniken, geschnitzten Holzstempeln (den Blockprints) und viel familiärer Zusammenarbeit dann zu den farbenfrohen Stoffen, die weiter oben die Dächer schmücken. Das Beeindruckendste ist dabei die Genauigkeit mit der die Printer arbeiten. Mit Stempeln in der Größe eines Fingers bis hin zu tellergroßen Holzplatten werden 50 Meter lange Stoffbahnen lückenlos bedruckt und selbst wenn man sich bemüht, kann man danach die Grenzen nicht mehr erkennen, an denen der Stempel neu angesetzt wurde. Weiter im Stadtzentrum findet man dann auch die Künstler, die fürs Schnitzen der Blockprints zuständig sind. Größtenteils sind das muslimische Männer, die die kleinteiligen Muster und Blumenranken entwerfen und mit speziellen Werkzeugen in die Holzblöcke meißeln.
Die Chhippa verwenden fürs Färben und Bedrucken meist Naturfarben. Das bedeutet, Ausgangsstoffe wie Granatapfel, Kurkuma, Safran oder Indigo werden zu verschiedensten Farbtönen verarbeitet. Das Grundstück der Sunrise Printers vermittelt vor allem Naturverbundenheit und Tradition. Keine Chemikalien, kein Gestank, keine Verschmutzung – wie es für viele Färbeunternehmen typisch ist.

Kunst mit Nadel und Faden 

Ein anderes in Indien sehr weit verbreitetes Handwerk ist das Sticken. Fast jede Frau hat es gelernt und einige der elf Näherinnen bei Jyoti haben sogar ihr Geld damit verdient, bevor sie bei uns angefangen haben. Mit einer riesigen Auswahl von Stichen sind sie auf jeden Fall die Experten auf dem Gebiet und entwerfen dabei auch ihre eigenen Designs. Die typischen Stickbilder in Chittapur sind Blumenranken und ähnliche Muster, die sehr stark an die Mahindi Designs erinnern, mit denen sich die Frauen an besonderen Tagen schmücken.
Etwas aus dem Rahmen fällt der Sada-Stich, den die Frauen selbst wohl gar nicht zur Kollektion ihrer Stickarten zählen würden, weil er so schlicht ist. Wir haben ihn beim Spazieren durch Chittapur entdeckt. Eigentlich alle Haushalte nutzen alte Stoffreste, vor allem die kaputten Saris der Frauen, um Patchworkdecken daraus zu nähen. Dabei werden viele Lagen Stoff übereinandergelegt und am Ende mit einem einfachen weißen Baumwollgarn durchsteppt. Das ist er, der Sada-Stich, den man auf vielen unserer Produkte finden kann und aus dessen pfeilförmiger Variation das Jyoti Logo entstand.

Der Norden von Indien offenbart, dass Indien noch viel mehr kann, wenn es ums Sticken geht. In Rajasthan und Gujarat werden Decken, Kleider und Röcke lückenlos mit filigransten Mustern bestickt und zwischendrin oft auch noch kleine Spiegelplättchen mit eingefasst. In vielen der traditionellen Communities unterscheidet sich die Kleidung von unverheirateten, verheirateten und verwitweten Frauen durch die Art der Stickerei und nicht selten bildet diese Arbeit noch heute den einzigen Lebensunterhalt vieler Frauen. Traditionell verbrachten Mädchen aus der Rabari-Community sogar ihr ganzes Leben damit zusammen mit ihren Müttern ihr Hochzeitskleid zu besticken – bis zu dem Tag an dem sie geheiratet und dann bald ihren eigenen Töchtern bei derselben Arbeit geholfen haben.

Die Schneiderei 

Das Nähen an sich ist ein riesiges Business in Indien. Die Märkte quellen über vor Stoffläden, viele Familien haben eine Nähmaschine zuhause an der Kleinigkeiten für den Haushalt ausgebessert oder umgenäht werden können. In den Seitenstraßen der Großstädte sitzen aufgereiht wie die Hühner auf der Stange Schneider, die den Passanten ihre professionellen Dienste anbieten. Wie auch wir bei Jyoti, arbeitet der Großteil mit mechanischen Maschinen, die sich mit den Füßen anstatt mit elektrischem Strom antreiben lassen. So ist man einerseits unabhängig von plötzlichen Stromausfällen und außerdem kann die Straßenecke jederzeit flexibel gewechselt werden. Was daran auffällt: Zuhause sind es die Frauen, die an der Maschine sitzen. Auf den Straßen oder in speziellen Schneidereien sieht man aber plötzlich nur noch Männer mit Stoffen und Garn hantieren…
…Warum das so ist? Warum Nähen als „Frauensache“ abgestempelt wird und Frauen trotzdem fast nie ihren eigenen Laden aufmachen, darum geht es im Beitrag #unFAQ3: Warum ist nähen Frauensache?!

Fazit: So einiges! 

“Made in India” kann mehr! Angefangen vom Weben der Stoffe, über das Bedrucken, Besticken und Durchweben: In jedem unserer Kollektionsstücke steckt Wissen, Können, Zeit und Arbeit! Das Textilhandwerk in Indien ist Jahrhunderte alt und hat wunderschöne Entdeckungen zu bieten.
Wenn es nach uns geht, überlebt dieses Handwerk noch weitere Jahrhunderte! Deshalb arbeiten wir mit traditionellen Weberfamilien- und Kooperativen zusammen, greifen auf traditionelle Techniken wie Blockprint zurück und integrieren die Handstickereien, die unsere Näherinnen kunstvoll anbringen. Eine Win-Win Situation: Familien, die das indische Handwerk weiterführen können von ihrer Arbeit leben, und wir haben traumhafte Einzelstücke – made in India!

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