6 Wochen in Chittapur
Unser Multitalent Eileen (staatliche geprüfte Modedesignerin mit Bachelor in Textile and Clothing Management) hat sich für 6 Wochen in Chittapur niedergelassen um in unserer Nähwerkstatt ein wenig an den Feinheiten zu feilen. Neben verschiedenen Workshops zu den besonders komplizierten Nähaufgaben, erarbeitet sie mit den Frauen einige neue Herbst-Schnitte, trinkt Tee und genießt das Wetter…:
Wenn meine ehemaligen Ausbilderinnen jetzt sehen könnten, wie ich mir barfuß meinen Weg über Schnittteile, vorbei an Stecknadeln und Scheren bahne, hätten sie vermutlich schon den Verbandskasten in der Hand. Ihre Aufregung würde hier niemand verstehen. In Chittapur sieht man die Dinge etwas gelassener.
Vor nicht allzulanger Zeit lernte ich in meinem Studium wie man die exakte Zeit zur Herstellung eines Kleidungsstückes berechnet und wieviele Sekunden und Millisekunden für jeden einzelnen Handgriff in der industriellen Fertigung eingeplant werden. Zum Niesen bleibt da keine Zeit. Anders in der kleinen Werkstatt von Jyoti – Fair Works. Die Arbeitsatmosphäre ist entspannt, das Verhältnis der Frauen ist freundschaftlich, es wird geredet und gelacht, ja sogar geniest. Denn es ist Regenzeit und bei 28 ℃ fangen die Ladies schon mal an zu frieren.
Die Frauen waren von Anfang an sehr offen und neugierig. Ich wurde herzlich empfangen, sofort in die Gruppe aufgenommen und als neues Mitglied akzeptiert. Wenn ich konzentriert arbeite werde ich oft fasziniert beobachtet und auch mein Outfit wird jeden Morgen aufs Neue mit „oooh sooo beautiful today, Elina“ kommentiert. Gut für das Selbstwertgefühl ist die Arbeit hier also allemal. Obwohl ich erst seit Kurzem dabei bin, vertraut das deutsche Jyoti Team mir vollkommen und lässt mir freie Hand bei der Arbeitsgestaltung in Indien. So viel Verantwortung und solch eine außergewöhnliche Auslandserfahrung bekommt man in anderen Unternehmen nicht so schnell. Das Arbeiten in einer großen Gruppe kann manchmal anstrengend werden, doch immer wenn man gerade kurz davor ist genervt zu sein sind alle wieder unverschämt süß. Neulich nach der Arbeit haben sie sogar meine Arme, Hände und Füße aufwendig mit Henna verziert. An den neuen Schnitten und Fertigungsmethoden haben Sie viel Freude, denn sie lernen gerne dazu. Dabei achten Sie immer darauf dass ich auch genug trinke und es mir gut geht: „Elena, you happy?“ – „Yes yes, very happy!“